Nach der Vorlesungszeit ist vor der Vorlesungszeit - und so trafen sich direkt am ersten Tag der vorlesungsfreien Zeit Lehrende der FH Münster und Lehrende der EvH RWL zu einem (Online-)Workshop, um sich dem Thema der "Lehr-Ethik" zu widmen.
Für den Bereich der Forschungs-Ethik gibt es in den verschiedenen Fachdisziplinen und auch gesamtwissenschaftlich entsprechende Vorgaben, Regelungen und Standards, die jede_r wissenschaftlich Arbeitende nicht nur kennt, sondern auch akzeptiert und einhält. Wie sieht dies eigentlich im Bereich der Lehre und Didaktik aus? Gibt es auch hier verbindliche Regeln und Normen? Wie definiert sich eine (ethisch) gute Lehre? Und was bedeutet dies für Lehrende an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften?
Im zeitlich eng getakteten Lehralltag müssen ständig Entscheidungen getroffen werden, die positive und/oder negative Auswirkungen auf andere Personen haben, zum Beispiel: Welche Bedeutung schreiben wir der Lehre im Vergleich zur Forschung zu? Welche Zeit nehmen wir uns, unsere Lehre tatsächlich zu reflektieren? Welche Lehrinhalte deklarieren wir als wichtig, welche als nicht wichtig – und verantworten wir damit automatisch auch die (Nicht-)Wissensbildung von Studierenden? Und sind wir uns dessen insgesamt tatsächlich bewusst?
An der EvH beschäftigt sich der Gesprächskreis Lehr-Ethik in unregelmäßigen Abständen und mit wechselnder Besetzung mit diesen Fragen. Bereits vor der Covid19-Pandemie entstand die Idee, sich mit dem Netzwerk Ethik in Lehre und Forschung der FH Münster zusammenzusetzen und auszutauschen. Diese Idee wurde auch während der Pandemie von Prof. Dr. Alexandra Lehmann, der Ansprechpartnerin des Gesprächskreises an der Hochschule, und Dr. Petra Michel-Fabian, der Sprecherin des Netzwerks an der FH Münster, weiterverfolgt.
Jetzt fanden sich, ausgerichtet von der EvH, insgesamt zwanzig Lehrende beider Hochschulen zu einem ersten Workshop zusammen, um einen Einstieg in diese komplexe Thematik zu bekommen. Aufgrund der derzeitigen Pandemie-Situation fand der Workshop online statt.
Moderiert von Dr. Jonas Lilienthal, einem Mitarbeitenden des Wandelwerks der FH Münster, stellte AOR Dr. Julia Dietrich von der FU Berlin in einem Impulsreferat Überlegungen zu einer "Landkarte der Lehr-Ethik" vor, bevor die Workshop-Teilnehmenden in kleineren Gruppen hierzu gehörende Beispiele und Erfahrungen sammelten. Es erfolgte eine Schwerpunktsetzung; die so gefundenen praktischen Aspekte sollen dann in einem zweiten Workshop im Herbst weiter verfolgt werden.
Vielleicht überraschend für die Teilnehmenden gab es also keine "Checkliste" und auch kein Protokoll darüber, was denn nun "ethisch gute Lehre" ist. Statt dessen gab es einen regen Austausch der Lehrenden untereinander und zwischen den beiden Hochschulen, verschiedene Impulse, die eigene Lehre zu reflektieren, und die Neugier, wie dies alles im September beim zweiten Workshop miteinander verbunden und zusammengefügt werden kann.
Interessierte Lehrende der EvH für den zweiten Workshop, der je nach Situation erneut online oder ggf. auch in Münster vor Ort stattfinden wird, wenden sich bitte an Prof. Dr. Alexandra Lehmann für weitere Informationen.